For those who speak German/Steve Miller

Ingeborg Reichle:
*Kunst aus dem Labor*
/Zum Verhaltnis von Kunst und Wissenschaft im Zeitalter der Technoscience/

SpringerWienNewYork 2005



Der Kunstler Steve Miller hatte sich schon zu Beginn der neuenziger
Jahre den neuen Bildern vom Menschen in den Biowissenschaften zugewandt
und hatte aufgehort traditionelle Portraits zu malen. Velmehr begann
Miller von Korper-fragmenten des zu Portraitierenden die DNA im Labor
extrahieren zu lassen und die Chromosomen zu visualisieren und diese auf
die Leinwand zu bannen, wie mit der Arbeit Genetic Portrait of lsabel
Goldsmith (1993). Steve Miller ging diesen Schritt, um der Frage nach
der Konstruktion von Identitat, Genealogie und Geschichte in der
Reflexion der eigenen Biografie im Zeitalter der Biowissenschaften
nachzugehen:

In these portraits, the sitters' identity is no longer limited to
outward appearance, but viewed through medical images, such as
x-ray, MRI, sonogram, EKG, and CAT scans. Rather than being a
depiction, these new portraits focus on identiflcation using
internal vistas and abstract symbols of medical nomenclature.


Gegenwartig arbeitet Miller an der Viisualisierung von Proteinen in
Zusammenarbeit mit dem Nobelpreistrager fur Chemie Roderick MacKinnon=

von der Rockefeller University.
Das traditionelle Genre der Portraitmalerei, das von der Spannung
zwischen Bild und Abbild lebt, wird in den hier angefuhrten Beispielen
abgelost von den vermeintlich/ objektiven/ Bildern der technischen
Visualisierungsverfahren der Life Sciences, die nun als/ vera icon/
vorgestellt werden. Im Gegensatz zur Portraitmalerei, die nur das
aussere Erscheinungsbild des Portraitierten in einer gewissen Annaherun=
g
wiedergibt, wird nun den technischen Bildern, welche die Mikrostrukturen
des Inneren des Menschen in das Blickfeld fuhren, zugesprochen jenseits=

der Mechanismen der Reprasentation zu operieren und das "wahre" Bild vom=

Menschen zu zeigen. Kunstler scheinen den technisch-apparativ oder
chemisch hergestellten Bildern der Life Sciences heute eine grossere
Vergegenwartigungskraft zuzuschreiben, als den kulturellen Codes des
Systems Kunst.

65 Steve Miller,/ Genetic Portrait of Isabel Goldsmith/ (1993)


66 Steve Miller,/ Protein #324/ (2002)

67 Steve Miller,/ Protein #358/ (2002)

68 Steve Miller,/ Protein #224/ (2002)

69 Steve Miller,/ Protein #226/ (2002)